11/22/2015

Rezension: "Malala - Meine Geschichte" von Malala Yousafzai und Patricia McCormick


"Ein Kind, ein Lehrer, ein Stift und ein Buch können die Welt verändern." (S. 231, Rede vor den Vereinten Nationen)
(Wahrscheinlich eines der bekanntesten Zitate von Malala Yousafzai, im Moment aktueller denn je.)


Als ich heute Morgen (bzw. heute Mittag - Lesenacht gestern war lang...) aufstand, war so ungefähr das Erste, was ich gelesen habe, der aktuelle Blogpost der lieben Lena von Lena Liest (hier geht's zum Post). In dem Post beschreibt sie sehr treffend, was auch die letzten Tage in mir vorging: Ein dunkler Schatten, der sich über allen Witz und alle Leichtigkeit, mit der man sonst über vermeintlich banale Dinge bloggt,  gelegt hat. Vielleicht habt ihr es bemerkt, vielleicht auch nicht, aber ich habe die letzten Tage auch eher sporadisch gebloggt, was - ausnahmsweise - wirklich nicht primär an Stress durch Schule und Co. lag. Aber es ist manchmal einfach unheimlich schwer, lustig zu sein, wenn die Welt (zumindest gefühlt) den Bach runter geht. Doch genau dann haben wir das, also das Lustig-Sein, am allernötigsten. Wir dürfen nicht aufhören zu lachen, weil schlimme Dinge passieren, sondern wir müssen gerade deswegen lachen. Wir dürfen uns nicht von Terrorgruppen den Humor rauben lassen, denn das heißt, wirklich zu verlieren. 

Nichtsdestotrotz bleibt die ganze Angelegenheit eine schmale Gratwanderung und lässt die meisten wahrscheinlich mit dem tauben Gefühl der Überforderung zurück. Mich auch. Sicher geht jeder anders mit solchen Situationen um. Ich für meinen Teil suche nach Inspiration, nach Menschen, die mutiger sind, als ich es wahrscheinlich je sein werde, die gewinnen, wo man selbst gerade das Gefühl hat, zu verlieren. 

Einer dieser bemerkenswerten Menschen ist Malala Yousafzai, besser bekannt als das Mädchen, dem die Taliban mit 15 für ihren Einsatz für das Recht auf Bildung für Mädchen in den Kopf geschossen hat. Sie hat überlebt, ein Buch geschrieben, einen Friedensnobelpreis gewonnen und vor wenigen Wochen ist die Dokumentation "Er nannte mich Malala" in den deutschen Kinos angelaufen. Ach, und ganz nebenbei hat sie einen traumhaften Schulabschluss im englischen Exil gemacht. Hut ab, ich glaube, dass ich keine andere gleichaltrige (bzw. ein-Jahr-älter-altrige) kenne, die es so drauf hat.
Es ist wahrscheinlich überflüssig zu sagen, dass ich ein großer Fan bin. Aber ich sage es trotzdem: Ich bin ein großer Fan. Nach den Anschlägen in Paris habe ich mir ihre Biografie "Malala - Meine Geschichte" gekauft und sie innerhalb eines Tages verschlungen. Trifft den Zeitgeist und macht Mut. Mehr will ich noch gar nicht sagen: Lest selbst.


Die Fakten


Was ist das für ein Buch?
* eine sehr bewegende
* Mut machende
* Biografie

Wer hat's geschrieben?
* Malala Yousafzai 
* mit Patricia McCormick

Wann veröffentlicht?
* 2015

Wo wurde es veröffentlicht?
* FISCHER, KJB.

Wie viel kostet der Stoff?
* Hardcover: 12,99 €
* Taschenbuch: 7,99 €
* E-Book: 7,99 € 

Will haben?

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es (was ich bisher auch nicht wusste) zwei unterschiedliche Biografien gibt, beide von Malala Yousafzai (geschrieben und handelnd), in unterschiedlichen Verlagen und mit unterschiedlichen Neben-Autoren. Verwirrt mich auch ein bisschen. Die Biografie unter dem Titel "Ich bin Malala" von 2014 findet ihr hier, diese Rezension bezieht sich auf "Malala - Meine Geschichte".


Der Inhalt


Als die Taliban die Macht in Pakistan übernahmen, sollten Mädchen nicht mehr zur Schule gehen. Doch Malala ließ sich nicht einschüchtern und kämpfte für ihr Recht auf Bildung. Am 9. Oktober 2012 schossen ihr Terroristen in den Kopf, als sie auf dem Weg von der Schule nach Hause war. Sie überlebte den Anschlag schwer verletzt, doch aufgegeben hat sie nicht - im Gegenteil: Sie ist zu einer Symbolfigur für den Frieden und zum Vorbild vieler Jugendlicher auf der ganzen Welt geworden. 

Zusammen mit Bestsellerautorin Patricia McCormick erzählt Malala von den Ereignissen in Pakistan - von Schulzeit, Freundinnen und zunehmenden Anfeindungen der Extremisten, von ihrem Widerstand und wie ihr Leben dadurch eine tragische Wendung nahm.

(c) Malala Yousafzai mit Patricia McCormick: "Malala - Meine Geschichte", FISCHER Kinder- und Jugendtaschenbuch 2015

Die Autorin


Malala Yousafzai ist eine der wahrscheinlich bemerkenswertesten Persönlichkeiten meiner Generation. Sie wurde am 12. Juli 1997 als ältestes Kind in Mingaora in Pakistan geboren, hat zwei jüngere Brüder, einen ähnlich engagierten Vater und eine Mutter, die die beiden in ihren Vorhaben unterstützt. Sie wurde 2014 zur jüngsten (Friedens-)Nobelpreisträgerin überhaupt. (Also mit gerade einmal 17 Jahren - so alt bin ich jetzt...) Sie hat den Aufstieg der Taliban im Swat-Tal in Pakistan, aus dem sie kommt, miterlebt und ist daraufhin öffentlich für das Recht auf Bildung für Mädchen in ihrem Heimatland eingetreten. 2012 verübte die Taliban ein Attentat auf die damals 15-Jährige, die in Zuge dessen unter anderem in Birmingham in England behandelt wurde und seitdem dort mit ihrer Familie im Exil lebt. Nachdem sie schwerverletzt das Attentat überlebt hat, sind nun schon einige Jahre vergangen, in denen sie nicht nur den Nobelpreis erhalten, einen erstklassigen Schulabschluss gemacht und einige bedeutende und inspirierende Reden (unter anderem vor den Vereinten Nationen) gehalten hat, sondern auch ein Buch geschrieben hat. Genau das möchte ich euch jetzt vorstellen. Und ohne große Vorreden: Hier ist die Rezension.


Die Rezension


Stellt euch vor, ihr dürft von einem Tag auf den anderen nicht mehr in die Schule gehen. Nicht, weil ihr den Chemie-Raum ramponiert oder einfach einen Abschluss gemacht habt, sondern weil ihr aus einem biologischen Zufall heraus mit dem "falschen" Geschlecht geboren wurdet. Stellt euch vor, was das für euch bedeutet. Kein Studium, keine Ausbildung. Weil ihr Frauen seid. Ihr müsst einen Mann heiraten, der für euch ausgesucht wurde, ihr dürft das Haus nicht mehr ohne eine vollkommene Vermummung und einen männlichen Verwandten verlassen. Weil ihr Frauen seid. An diesem Zustand wird sich nichts ändern. Eure Töchter werden vielleicht nicht einmal lesen lernen. Weil sie Frauen sind. Und ihr könnt euch dagegen intellektuell nicht wehren. Weil euch Bildung verweigert wurde. Wie den Generationen nach euch. Ein Teufelskreis und das "falsche" Geschlecht. 

Ich setze "falsch" in Anführungszeichen, weil es vollendeter Blödsinn ist. Es gibt keinerlei Grund, Menschen - egal welchen Geschlechts, welcher Religion und welcher Haut-, Haar- oder Augenfarbe auch immer - Bildung zu verweigern. Bildung ist das einzige, was euch niemand nehmen kann. Man kann euch Reichtümer nehmen, einen gesellschaftlichen Status, eure Jugend und euer Aussehen. Bildung nicht. Wissen ist kugelsicher und wird - wenn man sich die Geschichte ansieht - immer gewinnen. Man kann Menschen wie Malala Yousafzai versuchen zu töten, aber nicht, wofür sie stehen. Und wer sagt, dass das eine Sache ist, die nicht auch für normale Nicht-Nobelpreis-Träger gilt? 

Das Buch schildert eindrucksvoll Malalas Kindheit und ihren Werdegang, das Empor-Kommen der Taliban und was die Not aus Menschen machen kann. Gebrochene oder Kämpfer - und unendlich viel dazwischen. Ich war zwischendurch sehr ergriffen von dem, was in anderen Teilen unserer Welt momentan passiert. Diese Geschichte ist nicht fünfzig Jahre oder fünfhundert her - sondern gerade mal einen gefühlten Wimpernschlag. Was Malala Yousafzai passiert ist - Schulverbot, Willkür, Terror - passiert tausenden und abertausenden Kindern jeden Tag. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Malalas Vater nicht die traditionelle Vorstellung von Wertlosigkeit von Mädchen und Frauen teilt. In ihrer Dankesrede anlässlich des Friedensnobelpreises sagt sie, dass ihr Vater ihr keine Flügel gegeben hat - er hat sie nur nicht abgeschnitten. Das ist der Unterschied. Jeder hat Flügel und den meisten werden sie gekittet. Aber wenn das nicht passiert, werden wir zu großen Dingen fähig. Mit Bildung, mit Humanismus und mit Mut. Malala Yousafzai zeigt es und ihre Biografie liefert eine Inspiration, der wir uns - gerade in Tagen des Terrors, in denen wir in Angst verfallen und Mut einbüßen - annehmen müssen und die zum weiteren Eintreten für Bildung und Menschlichkeit aufruft.



"Ich sehe die Welt als eine Familie. Wenn einer von uns leidet, müssen wir alle einspringen und helfen. Wenn die Menschen sagen, dass sie mich unterstützen, dann sagen sie damit, dass sie die Bildung von Mädchen unterstützen.
Ja, die Taliban haben auf mich geschossen. Aber treffen konnten sie nur einen Körper. Meine Träume können sie nicht töten, und meine Kampagne, jedem Mädchen und jedem Jungen zu seinem Recht auf Bildung zu verhelfen, können sie nicht aufhalten." (S. 226)



Ich bin schwer beeindruckt von dem Buch und vor allem von der Geschichte, die darin erzählt wird. Es hat mir Malala Yousafzai zu einem der Menschen gemacht, die ich sehr bewundere. (Und das will was heißen.) Wer also gerade in den Tagen nach Paris nach Mut sucht und nach Inspiration, dem sei dieses Buch, diese Geschichte, dieses Mädchen und ihre Ideen ans Herz gelegt. Ihr werdet den Kauf des Buches nicht bereuen. Oder das Lesen/Hören der Nobelpreisrede oder der vor den Vereinten Nationen. Wirklich - sehr, sehr großartig.


Links zum Weiterlesen

» letzter Post [Spontane Teilnahme an einer spontanen Lesenacht, 21.11.2015]
» letzte Rezension ["Silber - das dritte Buch der Träume" von Kerstin Gier, 27.10.2015]


» Trailer ["He Named Me Malala" - Dokumentation] [engl.]



Alles Liebe,
Antonia

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Danke, dass ihr durch eure Kommentare aktiv zum Training von Antonias Sprunggelenken beitragt. Sollte sie nach eurem Kommentar länger nichts posten, liegt es nahe, dass sie sich beim Rückwärts-Flick-Flack nach dem Entdecken einen Wirbel ausgerenkt hat.

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