10/09/2014

Rezension: "Wen der Rabe ruft" von Maggie Stiefvater

"Ronan überredete das Personal, die Musik aufzudrehen, Blue lachte zum ersten Mal über etwas, das Gansey gesagt hatte, und sie waren laut und siegestrunken und fühlten sich wie die Könige von Henrietta, denn sie hatten die Ley-Linie gefunden und es fing an. Es fing an." (S. 265)

Bin ich eigentlich die einzige Person, die bei dem letzten Satz am liebsten schreiend das Buch weggeworfen hätte? Nein? Okay, ich bin auch übermäßig schreckhaft. Jedenfalls musste ich kurz nach diesem Satz mit Lesen aufhören, weil ich a) total erschöpft war und b) am liebsten mit Nachtlicht weitergeschlafen hätte.

Die Rezension kommt auch dieses Mal etwas später, als ich das eigentlich beabsichtig hatte, aber gestern hatte ich gelinde gesagt die Lebenskraft eines Kiesels. Ja, ein Kiesel hat keine Lebenskraft, dessen bin ich mir bewusst. Deshalb habe ich den restlichen Tag damit verbracht mir eine rentnerwürdige Mischung aus Hustensaft, Nasenspray und sehr hilfreichen Tabletten zu geben und fühle mich heute schon wieder einigermaßen menschlich. Es lebe die moderne Medizin! (Die sich trotzdem gern noch wirkungsvollere Medikamente gegen Erklärung ausdenken könnte. Seit Sonntag liege ich im Bett - SEIT SONNTAG! - mein Immunsystem und ich müssen dringend mal ein ernstes Wörtchen miteinander reden...)

Wie auch immer... Die versprochene Rezi folgt jedenfalls auf dem Fuße und es ist - Tada! - kein Sachbuch, sondern gute, alte Contemporary Fantasy. Also... Legen wir mal los...

Die Autorin 
Hierbei haben wir es mit der noch relativ jungen Maggie Stiefvater zu tun, deren Nachnamen ich grundsätzlich nicht mit "fv", sondern mit "vf" schreiben will, bis mir auffällt, dass "Fater" doch wirklich ziemlich dämlich aussieht. Na ja... Soweit so gut. Ich bemerke gerade, dass sie gar nicht mehr so jung, sondern eher mittelalt ist: 33, eben nicht außergewöhnlich jung, aber auch noch weit entfern von "alt". Mensch, überlegen sich die Leute vom Duden eigentlich manchmal, wie dringend nötig so eine "Mittelbezeichnung" ist? (Man könnte theoretisch "mittelalt" schreiben, das finde ich aber persönlich eher suboptimal...) Denken die sich überhaupt selbst Worte aus oder muss ich da jemand anderen anmeckern? Lauter Mysterien, die sich mir momentan ziemlich entschließen. Wo ist die Sendung mit der Maus eigentlich, wenn man sie mal braucht? Ich wette, die haben da mal einen ausführlichen Bericht darüber verfasst. 


Warum ich so viel rede, ohne wirklich etwas zu sagen? Tja, weil ich von der Tatsache ablenken will, dass mir die Maggie-Stiefvater-Infos fehlen (Wikipedia ist da doch ziemlich enttäuschend...), zu erwähnen wäre noch, dass man ihren Namen von der Die Wölfe von Mercy Falls-Reihe kennen kann und das sie bis 16 eigentlich Heidi hieß (Wie auch immer ihre amerikanischen Mitmenschen diesen Namen ausgesprochen haben... Mir graut es bei der Vorstellung). 

Die Geschichte hinter der Geschichte
Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich Buchcharaktere mit zerstörten Kindheiten und schweren Schicksalsschlägen magisch anziehe? Nein? Dann schäm und troll dich, du fauler Blogleser, einfach meinen letzten Gemeinsam-Lesen-Blogeintrag auszulassen *pfff* (hier kann dieses Malheur revidiert werden)!
Jedenfalls kam meine Freundin Lisa mit ungefähr folgenden Worten auf mich zu: "Du musst das Buch umbedingt lesen! Da gibt es eine Menge Charaktere, mit einer schlimmen Vergangenheit." 
Und ich wiederhole erneut: Nicht ich suche mir diese Figuren, diese Figuren suchen mich! Mehr oder weniger...

Das Buch (außen, Randfakten)
Für durchschnittliche Hardcover-Preise schlägt das Buch mit 18,95 € nicht allzu sehr aus dem Rahmen, die Kindle-Edition gibt's sogar für 14,99 € und beim Hörbuch-Download ist man mit 15,78 € dabei (was mal ein ziemlich außergewöhnlicher Preis ist, oder?). 
Na ja, von den doch etwas stumpfsinnigen Zahlen, kommen wir mal zu etwas mehr Fantasiebeflügelndem: Dem Cover.

Dazu soviel: Es gefällt mir. Ja, so etwas soll es auch geben. Ich habe ja sonst grundsätzlich an jedem Cover etwas zu meckern, dieses finde ich aber wirklich in jedem Detail vollkommen. Von den wunderschönen, tatsächlich auch zur Story passenden Baum-Umgebung im Hintergrund, über die wunderschöne Abstimmung der einzelnen Farbtöne (braun und grün, sehr harmonierend) und meinem persönlichen Highlight: den sehr feinen und durch glattes Papier hervorgehobenes Blumenornament am Rand der - könnte es eigentlich noch schöner werden? Natürlich! - ovalen Fläche für Titel und Autor. Noch schöner ist eigentlich nur noch die Rückseite (die ich deshalb dieses Mal auch nicht vorenthalten kann und will).
Antonia ist glücklich, lassen wir das mal so im Raum stehen.

Das Buch (innen)
Die Geschichte wird aus ziemlich vielseitigen Sichtweisen erzählt, es gibt keinen Ich-Erzähler, was ich etwas schade fand (ich liebe Ich-Erzähler), sondern immer nur die unpersönlichere "er" oder "sie"-Variante. Immer mit hervorgehobenem Blick von Blue, Gansey, Adam und Mr Whelk. 
Ich fasse vorerst mal kurz und bündig zusammen, wie mir das gefallen hat: Ich mochte Blue's Sichtweise nicht wirklich (zu viel "Oh mein Gott, ich kann niemanden küssen, ohne ihn zu töten!" - Herrgott noch eins! Als wäre Küssen die essentielle Substanz einer Beziehung!), mit Gansey bin ich erst auf den letzten 50 Seiten warm geworden, Adam mochte ich eigentlich, bis auf die gut letzten 50 Seiten und Mr Whelk war so ein arroganter Vollidiot, dass ich Maggie Stiefvater um ihre psychopathischen Charaktere fast schon beneide (besser hätte ich niemanden erfinden können, den man einfach nur hassen kann). Ich persönlich finde, die Geschichte lebt von ihren Nebencharakteren. Wobei ich absoluter Ronan- und Noah-Fan bin. Das lief dann auf eine sehr lebhafte Diskussion mit ein paar Freundinnen von mir heraus, ob Noah nun liebenswert ist oder nicht (Natürlich ist er liebenswert! Wie kann man Noah nicht einfach nur absolut liebenswert finden?!).
Stimmungstechnisch passt die Geschichte - was ich ehrlich nicht erwartet hätte - ziemlich gut in den Herbst. Sie ist kein Thriller, hat aber mit dem ganzen Hexen- und Magie-Kram schon ein bisschen Grusel-Faktor (obwohl ein eingefleischter Steven King-Leser, darüber wahrscheinlich auch nur müde lächeln kann...). Die Geschichte spielt also eigentlich im Frühjahr, mutet aber eher nach Herbst an. Meine Meinung, wie gesagt. 
Die Buchreihe wird sicher nicht unter meine absoluten Lieblings-Lektüren im Schrank kommen (dazu war sie mir etwas zu verkrampft und mit zu wenig Ronan-Gesprächs-Anteil), greift aber vor einer sehr stimmigen Kulisse mit einer vollkommen annehmbaren Sprache auch ernstere Themen auf, versucht einen Realitätsbezug und ist gerade momentan ein oder zwei kuschlige Leseabende wert.

Wer sollte dieses Buch lesen?
Überwiegend Jugendliche, die vielleicht keine übermäßigen Grusel-Fans sind, aber alles, was um Halloween herum nicht schlimmer ist als Coraline, gut verkraften können. Natürlich sollte man auch ein bisschen Fable für Übernatürliches und eine nicht allzu tief angelegte Rumsülz-Beziehungs-Schmerzgrenze (wie ich) besitzen. Es ist zwar kein Groschenroman, aber ab und an ging mir persönlich dieses Liebes-Zeug auf den Sender. Aber wie gesagt. Ich bin auch nicht die geborene Romantikerin. 

Links
"Wer die Linie träumt" bei Amazon (der 2. Teil der Reihe)


Viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße,
Antonia

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke, dass ihr durch eure Kommentare aktiv zum Training von Antonias Sprunggelenken beitragt. Sollte sie nach eurem Kommentar länger nichts posten, liegt es nahe, dass sie sich beim Rückwärts-Flick-Flack nach dem Entdecken einen Wirbel ausgerenkt hat.

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...